Die Entscheidung des Vereinigten Königreichs, die Europäische Union (EU) zu verlassen, hat die Finanzlandschaft zweifellos verändert.

Zu den betroffenen Sektoren gehört auch der Markt für strukturierte Produkte und Zertifikate, der erhebliche Veränderungen bei der Regulierung, dem Marktzugang und der Anlegerstimmung erfahren hat.

Werfen wir einen Blick auf die Auswirkungen des Brexit auf den europäischen Markt für strukturierte Produkte und untersuchen wir den aktuellen Stand der Branche im Vereinigten Königreich, wobei wir ihren innovativen Charakter und die wichtigsten Akteure wie Emittenten, Plattformen, Verbände und Börsen hervorheben.

Der Brexit und seine Auswirkungen auf den britischen Markt für strukturierte Produkte und Zertifikate: Ein genauerer Blick auf Innovation und Branchendynamik.

Die Auswirkungen des Brexit auf den europäischen Markt für strukturierte Produkte

  1. Änderungen der Verordnung

Nach dem Brexit unterliegen im Vereinigten Königreich ansässige Emittenten von strukturierten Produkten und Zertifikaten nicht mehr den EU-Vorschriften wie der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente II (MiFID II) und der Prospektverordnung.

Das Vereinigte Königreich hat jedoch die meisten der bestehenden EU-Vorschriften beibehalten und in sein innerstaatliches Recht übernommen, was als „beibehaltenes EU-Recht“ bezeichnet wird. Das bedeutet, dass das Vereinigte Königreich zwar nicht mehr an die Aktualisierungen der EU-Rechtsvorschriften gebunden ist, seine Finanzvorschriften aber weiterhin einen hohen Grad an Ähnlichkeit mit denen der EU aufweisen.

Eine wesentliche Abweichung vom EU-Recht ist die Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften für Wertpapierfirmen (Investment Firms Prudential Regime – IFPR) im Vereinigten Königreich, die die EU-Eigenkapitalrichtlinie IV (CRD IV) ersetzen. Mit der IFPR werden neue Kapital- und Liquiditätsanforderungen, Vergütungsregeln und Risikomanagementstandards für im Vereinigten Königreich ansässige Wertpapierfirmen, einschließlich Emittenten strukturierter Produkte, eingeführt.

  1. Marktzugang

Der Brexit hat sich auch auf den Marktzugang für im Vereinigten Königreich ansässige Emittenten von strukturierten Produkten und Zertifikaten ausgewirkt. Ohne die Vorteile des EU-Passporting-Systems müssen diese Emittenten nun eine Genehmigung beantragen, um ihre Produkte in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten anzubieten.

Dies hat einige im Vereinigten Königreich ansässige Unternehmen dazu veranlasst, Tochtergesellschaften in der EU zu gründen, um den europäischen Markt weiterhin ohne größere Hindernisse bedienen zu können. Umgekehrt müssen Emittenten mit Sitz in der EU, die Zugang zum britischen Markt suchen, nun die befristete Zulassungsregelung (Temporary Permissions Regime, TPR) der Financial Conduct Authority (FCA) einhalten.

  1. Anlegerstimmung

Die Ungewissheit im Zusammenhang mit dem Brexit führte bei den Anlegern von strukturierten Produkten zunächst zu einer vorsichtigen Haltung, und viele verschoben ihre Investitionsentscheidungen, bis sich klarere Verhältnisse in Bezug auf Regulierung und Marktzugang abzeichneten.

Seit dem Ende der Brexit-Übergangszeit ist das Vertrauen der Anleger allmählich zurückgekehrt, und sie konzentrieren sich wieder auf Diversifizierung und Risikomanagement in ihren Portfolios.

Der Zustand der britischen Industrie für strukturierte Produkte: Innovation und Stakeholder

  1. Innovation

Trotz der Herausforderungen, die der Brexit mit sich bringt, hat sich die britische Branche für strukturierte Produkte als bemerkenswert innovativ erwiesen. Neue Produkte und Strategien sind entstanden, um den sich entwickelnden Bedürfnissen der Anleger gerecht zu werden, wobei der Schwerpunkt auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG), alternativen Anlageklassen und Risikomanagement liegt. Auch die Einführung digitaler Technologien hat sich beschleunigt, wobei Robo-Advisory-Plattformen und andere Fintech-Lösungen eine wachsende Rolle beim Vertrieb und der Verwaltung strukturierter Produkte spielen.

  1. Emittenten

Diese Institute haben sich an das Post-Brexit-Umfeld angepasst, indem sie ihre Abläufe gestrafft, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit verbessert und in digitale Lösungen investiert haben, um ihre Kunden besser bedienen zu können.

  1. Plattformen

Strukturierte Produktplattformen haben die Automatisierung und Digitalisierung der Branche erleichtert und ermöglichen eine effizientere Produkterstellung, -verteilung und -verwaltung. Diese Plattformen haben dazu beigetragen, dass die Branche angesichts der mit dem Brexit verbundenen Herausforderungen widerstandsfähig und innovativ ist.

  1. Verbände

Fachverbände wie die UK Structured Products Association (UKSPA) und die European Structured Investment Products Association (EUSIPA) spielen eine entscheidende Rolle bei der Vertretung der Interessen von Emittenten strukturierter Produkte und der Förderung bewährter Praktiken der Branche. Sie waren maßgeblich an der Bereitstellung von Leitlinien, der Förderung der Zusammenarbeit und der Erleichterung des Dialogs zwischen Branchenteilnehmern und Regulierungsbehörden während des Brexit-Prozesses beteiligt.

  1. Tauschbörsen

Die London Stock Exchange (LSE) ist nach wie vor ein wichtiger Handelsplatz für die Notierung und den Handel mit strukturierten Produkten im Vereinigten Königreich. Trotz der Bedenken über die möglichen Auswirkungen des Brexit auf die Attraktivität der LSE als Börsenplatz hat sie ihre Position als eine der weltweit führenden Börsen behauptet. Diese Widerstandsfähigkeit lässt sich auf den guten Ruf der LSE, ihre robuste Infrastruktur und ihr Engagement für die Förderung von Innovationen im Finanzsektor zurückführen.

Der Brexit hat zweifellos die Landschaft des europäischen Marktes für strukturierte Produkte verändert und zu Änderungen bei der Regulierung, dem Marktzugang und der Anlegerstimmung geführt.

Trotz der Herausforderungen hat die britische Industrie für strukturierte Produkte eine bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit und Innovation bewiesen. Emittenten, Plattformen, Verbände und Börsen haben alle eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Reaktion der Branche auf das neue Umfeld gespielt.

Das Vereinigte Königreich hat bei der Entwicklung strukturierter Produkte und Zertifikate eine Vorreiterrolle eingenommen, indem es auf die sich wandelnden Bedürfnisse der Anleger einging und sich an die veränderte Finanzlandschaft anpasste.

Hier sind einige bemerkenswerte Beispiele:

  1. Strukturierte Produkte mit ESG-Schwerpunkt: Angesichts der wachsenden Nachfrage nach nachhaltigen Anlagen haben britische Emittenten strukturierte Produkte mit Schwerpunkt auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG) entwickelt. Mit diesen Produkten können sich Anleger in ESG-bezogenen Indizes oder Themen engagieren und gleichzeitig ihr gewünschtes Risiko-Rendite-Profil beibehalten. So hat Barclays eine ESG-optimierte Version seiner bekannten Equity-Linked Notes auf den Markt gebracht, die es Anlegern ermöglicht, an der Wertentwicklung eines Korbs von ESG-konformen Aktien zu partizipieren.
  1. Innovative alternative Anlagen: Da die Anleger nach Diversifizierung und alternativen Renditequellen suchen, haben britische Emittenten strukturierte Produkte entwickelt, die mit alternativen Anlageklassen wie Infrastruktur, Private Equity und Immobilien verbunden sind. So hat beispielsweise ein Emittent ein strukturiertes Produkt aufgelegt, das an die Wertentwicklung eines Korbs von Infrastrukturaktien gekoppelt ist und den Anlegern ein Engagement im Infrastruktursektor bei gleichzeitiger Absicherung gegen Kursverluste bietet.
  1. Smart-Beta-Strategien: Auf dem britischen Markt für strukturierte Produkte haben sich Smart-Beta-Strategien herausgebildet, die Elemente der aktiven und passiven Anlageverwaltung kombinieren. Diese Strategien zielen darauf ab, traditionelle, nach Marktkapitalisierung gewichtete Indizes zu übertreffen, indem sie Faktoren wie Wert, Wachstum, Dynamik und geringe Volatilität berücksichtigen. Britische Emittenten haben Smart-Beta-Strategien in strukturierte Produkte integriert, die den Anlegern das Potenzial für höhere risikobereinigte Renditen bieten.
  1. Maßgeschneiderte strukturierte Produkte: Britische Emittenten haben auch erfolgreich hochgradig maßgeschneiderte strukturierte Produkte entwickelt, die auf die spezifischen Bedürfnisse von Einzelanlegern oder institutionellen Kunden zugeschnitten sind. So entwarf ein Emittent für einen großen Pensionsfonds eine maßgeschneiderte aktiengebundene Anleihe, die auf die spezifische Risikotoleranz, die Renditeziele und den Anlagehorizont des Fonds zugeschnitten war.
  1. Digitale Innovationen: Als Reaktion auf den wachsenden Trend zur Digitalisierung in der Finanzbranche haben britische Emittenten digitale Lösungen eingeführt, um die Effizienz und Transparenz ihrer Angebote für strukturierte Produkte zu verbessern. So hat ein Emittent eine Online-Plattform eingerichtet, die es den Anlegern ermöglicht, maßgeschneiderte strukturierte Produkte in Echtzeit zu entwerfen, zu bepreisen und zu handeln, wodurch der Prozess der Produkterstellung und -ausführung rationalisiert wird.
  1. Strukturierte Multi-Asset-Produkte: Auf dem britischen Markt wurden strukturierte Multi-Asset-Produkte eingeführt, die Anlegern ein Engagement in verschiedenen Anlageklassen wie Aktien, Rohstoffen und festverzinslichen Wertpapieren bieten. Diese Produkte bieten Diversifizierungsvorteile und können auf unterschiedliche Anlegerprofile und Marktbedingungen zugeschnitten werden. So hat ein Emittent beispielsweise eine Multi-Asset Auto-Callable Note aufgelegt, die ein Engagement in Aktien, Rohstoffen und Zinsen bietet und damit sowohl Kapitalschutz als auch das Potenzial für höhere Erträge bietet.

Diese Beispiele veranschaulichen den innovativen Ansatz des Vereinigten Königreichs bei der Gestaltung strukturierter Produkte und Zertifikate, da sich die Emittenten kontinuierlich an die sich verändernden Bedürfnisse der Anleger und die sich wandelnde Finanzlandschaft anpassen.

In Zukunft ist es für die Marktteilnehmer von entscheidender Bedeutung, sich weiterhin auf Innovation und Zusammenarbeit zu konzentrieren und gleichzeitig die sich entwickelnde Regulierungslandschaft genau zu beobachten. Auf diese Weise kann die britische Branche für strukturierte Produkte weiterhin florieren und eine wichtige Rolle bei der Erfüllung der vielfältigen Bedürfnisse der Anleger in einer Welt nach dem Brexit spielen.

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